So schlecht hat noch nie ein neues Jahr für Google begonnen. Momentan läuft die größte Entlassungswelle in der Geschichte des Suchkonzerns – 12.000 Mitarbeiter, sechs Prozent der Belegschaft, müssen gehen. Es ist ein Novum in der Geschichte des Unternehmens. In den vergangenen zehn Jahren hat der Mutterkonzern Alphabet jedes Jahr kräftig eingestellt und sich nicht nur im Silicon Valley kräftig ausgebreitet. Die Zahl der weltweiten Mitarbeiter stieg so von 47.000 im Jahr 2013 auf nunmehr knapp 200.000 Mitarbeiter, der Umsatz legte im gleichen Zeitraum von 65 Milliarden Dollar auf nunmehr geschätzt 285 Milliarden Dollar zu. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren hat Google kräftig geheuert, knapp 60.000 Mitarbeiter.
Das Wachstum sei vor allen Dingen in den vergangenen zwei Jahren dramatisch gewesen, so Google-CEO Sundar Pichai. Und das hat seinen Blick getrübt. „Um diesem Wachstum gerecht zu werden und es anzukurbeln, haben wir Mitarbeiter für eine andere wirtschaftliche Realität eingestellt als die, die wir heute vorfinden“, begründet Pichai die Entlassungen. Und die sieht so aus, dass Unternehmen ihre Werbebudgets wegen der wirtschaftlich unsicheren Zeiten überdenken. Zwar konnte Google trotzdem seinen Werbeumsatz ausbauen, im dritten Kalenderquartal 2022 um rund 2,4 Prozent, Analysten hatten mindestens fünf Prozent erwartet. Doch das gelang nur wegen seiner Stärke im Anzeigenmarkt. Wie Google sich im entscheidenden vierten Quartal – dem wichtigsten im Werbegeschäft – geschlagen hat, wird am 2. Februar bei der Verkündung der Quartalszahlen offengelegt.
Tatsächlich könnte man argumentieren, dass die Krise Google sogar in die Hand spielen könnte, weil sie kleinere Konkurrenten stärker trifft. So ist es in der Vergangenheit gewesen, während der Dot.com-Implosion, der globalen Finanzkrise und der Corona-Pandemie.
Doch nun wird die wichtigste Umsatzquelle von Google erschüttert. Bislang machten vor allem die Wettbewerbshüter der EU Druck. Jetzt scheint auch die US-Regierung entschlossen zu sein, die Werbemacht von Google zu brechen. Im Herbst 2020 hatte das Justizministerium bereits eine Klage eingereicht, weil der Konzern seine marktbeherrschende Position in der Internet-Suche missbrauche. Der Prozess dafür soll im September beginnen. Die Offensive erfolgte noch unter der Trump-Regierung.
Nun hat Nachfolger Joe Biden nachlegen lassen. Am Dienstag gab US-Justizminister Merrick Garland bekannt, nun eine weitere Kartellklage voranzutreiben, weil Google generell seine Dominanz im Werbegeschäft missbrauche, um Konkurrenten durch das „Monopolisieren von Schlüsseltechnologien“ auszuschalten und zugleich seinen Kunden höhere Preise abpresse.
Gemeinsam mit acht US-Bundesstaaten, darunter Googles Heimatstaat Kalifornien, will man erreichen, dass Googles Position im Werbegeschäft aufgebrochen wird, vor allem bei der Vermittlung und Verbreitung von Anzeigen. Dort habe sich Google systematisch in den vergangenen 15 Jahren breitgemacht, vor allem durch den Kauf des Werbenetzwerkes DoubleClick im Jahr 2007 für 3,1 Milliarden Dollar und dann seine Präsenz durch weitere Zukäufe wie den der Werbe-Optimisierungsplattform Admeld erweitert. „Es ist ungefähr so, als ob Goldman Sachs oder Citibank die New Yorker Börse besitzen würden“, zieht Jonathan Kanter, der Top-Antitrust-Ankläger des US-Justizministeriums eine Analogie. Von jedem Dollar, der über Googles Werkzeuge von Werbekunden zu Inhalteanbietern fließe, würden mindestens „30 Cent bei Google hängenbleiben.“
Googles Macht untergrabe nicht nur den Wettbewerb, sondern auch die Gesellschaft, weil sie den Boden für den Austausch von Informationen gefährde. „Es ist wichtig, den Wettbewerb auf dem digitalen Marktplatz der Ideen zu schützen, wo starke Netzwerkeffekte die Monopolmacht noch dauerhafter und schädlicher machen und der Missbrauch durch Unternehmen mit Monopolmacht wie Google noch schädlicher ist“ so Kanter.