Die Homeofficefabrik braucht neue Arbeitszeitregeln


Quelle: imago images

Die erste digitale Revolution in den Fabriken ist noch nicht vollendet, da hat die zweite schon begonnen. Das industrielle Metaversum ist auf dem Weg in die Realität: Während die meisten das Metaversum noch als Entertainmententwurf für die Zukunft sehen, ist es ein industrielles Konzept, das gerade in hohem Tempo die Gegenwart erobert. Fernwartung, Mixed und Virtual Reality, Mensch-Maschine-Kollaboration in Fabriken: Das alles ist längst verfügbar und wird von den digital führenden Unternehmen auch eingesetzt – quer durch verschiedene Branchen.

Einmal mehr müssen deutsche Unternehmen aufpassen, den Anschluss nicht zu verlieren. Inflation, Lieferkettenprobleme und geopolitische Risiken sorgen aktuell für eine Ungewissheit, die ihre Investitionsbereitschaft hemmt. Laut einer Bitkom-Umfrage will jedes dritte Unternehmen im kommenden Jahr seine Digitalinvestitionen zurückfahren. Dabei bietet gerade das Metaversum Möglichkeiten, Unsicherheiten besser zu managen.

Der Roboterhersteller Kawasaki und der Industrieautomatisierer Rockwell entwickeln mit uns agile Fabriken, in denen mithilfe des Metaversums die Leistungsdaten aus der Ferne überwacht und Fehler behoben werden. Damit sind schnelle Anpassungen an veränderte Nachfrage- oder Lieferbedingungen möglich. Wenn bei einem Zulieferer ein Defekt die Bänder zum Stillstand bringt, laufen diese Daten sofort in der Fabrik ein. Die Umstellung der Produktion auf alternative Teile oder andere Produkte kann umgehend beginnen. Die Ingenieure und Technikerinnen, die die Fabrik steuern, können von überall auf die Anlagen zugreifen, um beispielsweise eine Produktionslinie auf einen anderen Artikel umzustellen. Auch Daten von Kundinnen und Kunden lassen sich anbinden. So wird eine steigende Nachfrage sichtbar, noch bevor sie sich in den Lagerbeständen erkennen lässt, und die Produktion kann direkt hochgefahren werden.

Der Lebensmittelhersteller Kraft Heinz erstellt virtuelle Kopien von Fabriken, die man digitale Zwillinge nennt. Geplante Änderungen in den Abläufen können so ausprobiert und optimiert werden, bevor sie real umgesetzt werden. Außerdem verknüpft Kraft Heinz die Abläufe in den Fabriken mit Daten zu Entwicklungen in der Lieferkette. Im Supply Chain Control Tower werden Echtzeitanalysen der Prozesse verfügbar gemacht.

Tag für Tag suchen Brückeninspekteure an der Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen nach Schäden. Neuerdings unterstützt sie der Roboterhund Spot, der Hohlräume scannt und nach abgeplatztem Beton oder Feuchtigkeit sucht. Das Unternehmen Roboverse Reply schickt ihn auf Wartungsrundgänge in Fabriken oder Kraftwerken, wo er nach Defekten sucht. Seine Sensoren senden Daten, die in der Cloud laufend auf Anomalien analysiert werden und die Basis für das Erstellen digitaler Zwillinge bilden.

Der Druckfarbenhersteller Marabu aus Tamm (Baden-Württemberg) setzt Hologrammbrillen zur Fernwartung ein. Wenn bei einem Kunden die Druckmaschine streikt, müssen Ingenieure des Mittelständlers nicht mehr um die Welt fliegen. Sie sehen mit der Brille quasi durch die Augen ihrer Kunden. Informationen im Sichtfeld sagen, wie die Reparatur funktioniert.

Im industriellen Metaversum verschmelzen reale und digitale Welt zu einer physisch-digitalen Mischform, die Technologien wie das Internet der Dinge, künstliche Intelligenz, digitale Zwillinge oder autonome Systeme miteinander verknüpft. In der virtuellen Welt lassen sich neue Abläufe erproben, Entwicklungszyklen verkürzen, Produktionsausfälle reduzieren und beheben. Aber auch die Arbeit in den Fabriken lässt sich damit ganz neu organisieren.


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